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„Unbewusst durchzieht das Eingesperrtsein alle meine Romane“
Die Autorin Susan Kreller las am Ev. Gymnasium in Siegen aus ihrem Jugendroman „Hannas Regen“ und in der Mittwochsakademie in Olpe aus "Salzruh“
Der Blick durchs Fenster trifft das Dämmerlicht des frühen Morgens, die Strahler in der Bibliothek des Ev. Gymnasiums in Weidenau treffen auf die Autorin Dr. Susan Kreller und die Siegener Literaturwissenschaftlerin Dr. Jana Mikota. Im Rahmen des von der Christa-und-Dieter-Lange-Stiftung finanzierten Lesungsformats „YoungPoetry“ las Susan Kreller aus ihrem Jugendroman „Hannas Regen“. Dieser handelt von der (werdenden) Freundschaft zwischen Josefin und Hanna. Das erste Buchkapitel ist dabei namensgebend. Hanna stampft an ihrem ersten Tag in der neuen Schule durch den Regen und wird pitschnass. Josefin folgt ihr und kommt im Klassenraum neben der „Neuen“ zu sitzen. Hanna verhält sich abweisend, scheint sogar nicht auf ihren Vornamen zu reagieren. Josefines Mutter berichtet, auch Hannas Mutter, die eine neue Kollegin in der Buchhaltung der Firma ist, verhalte sich seltsam, mochte nicht auf dem gemeinsamen Firmenfoto für die lokale Zeitung vertreten sein.
Susan Kreller erzählte die Genese des Romans, das Abhören von Regen-Aufzeichnungen, um die richtigen Worte zur Beschreibung des Geräuschs zu finden, die akribische Planung der Handlung, bei der der Schluss vor Schreibbeginn feststehen muss, die Auswahl der Namen der Protagonisten aus einer Namenssammlung in ihrem Notizbuch. Besonders wichtig ist der Autorin und Jugendliteraturpreisträgerin eine prosaische Sprache, die beim Lesen und Zuhören Bilder projiziert. Wen wundert es, dass die Schülerinnen und Schüler nach der Lesung dreier Kapitel viele Fragen hatten?
Nachmittags war Susan Kreller mit ihrem neuen Roman „Salzruh“ zu Gast bei der Mittwochsakademie in Olpe. Moderiert wurde auch diese Lesung von Dr. Jana Mikota (Uni Siegen). Die Literaturwissenschaftlerin betonte die „besondere Sprache“ der Autorin, die „einen gewissen Sound“ aufweise. Mikota: „Susan Kreller gilt als Sprachkünstlerin“. Und: Sie schlage einen Bogen von der Jugend- zur Erwachsenenliteratur. Weiter: „Literatur darf auch irritieren.“ Der Roman „Salzruh“ tut dies auf jeden Fall. Er weist Elemente eines Schauerromans auf. Elf Menschen – neun Gäste und zwei Hotelbedienstete – treffen sich in einer heruntergekommenen Pension in der Altmark. Den Angereisten wird mitgeteilt, dass sie das Gebäude wegen einer Gefährdungslage nicht verlassen dürfen. Mit diesem Eingesperrtsein gehen die Gäste – darunter ein junges Paar, ein Paar, das Goldene Hochzeit feiert, ein ehemaliger Schuldirektor, dessen Frau kurz zuvor verstorben ist, ein einsamer Chemiker, eine alkoholabhängige Barbesitzerin, eine Mutter mit kleinem Sohn – ganz unterschiedlich um. Jana Mikota: „Vielleicht wurde aus diesem Grund der Roman in Verbindung mit der DDR-Zeit oder der Pandemie gebracht.“
Susan Kreller, die aus Plauen in Sachsen stammt und den Mauerfall als Zwölfjährige erlebte: „Unbewusst durchzieht das Eingesperrtsein alle meine Romane.“ Sieben der insgesamt elf Romanfiguren haben eine eigene Perspektive; der Roman umfasst sieben Kapitel. Susan Kreller: „Die Altmark ist eine geheimnisvolle Region mit einem wunderbaren Namen.“ Daher spielt „Salzruh“ dort. Die Figuren haben teilweise DDR-Geschichte, teils aber auch nicht. Susan Kreller plante die Romanhandlung seit 2017. Die Beschreibung der Stimmen ihrer Protagonisten ist ihr besonders wichtig: „Ich schneide mir Bilder Von Schauspielern aus und höre mir deren Stimmen an.“ Die Gäste im Alten Lyzeum in Olpe jedenfalls genossen die Lesung der Autorin und das sich anschließende Gespräch.