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Eine „klingende Entdeckungsreise“

Kolja Lessing präsentierte in der Martinikirche „Unerhörte Schätze – Musik aus dem Exil“

Ein besonderes Augenmerk des Geigers, Pianisten, Komponisten und Musikwissenschaftlers Prof. Dr. Kolja Lessing liegt auf dem Schaffen in der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland verfolgter jüdischer Künstlerinnen und Künstler. Vielfach fanden diese Künstlerinnen und Künstler und deren Werke auch nach dem Ende des 2. Weltkriegs weder Gehör noch Anerkennung. „Unerhörte Schätze – Musik aus dem Exil“ lautete daher der Titel eines besonderen Konzertes mit Vortrag in der Siegener Martinikirche. Eingeladen hatten der Lehrstuhl für Anthropologie, Kultur- und Sozialphilosophie von Prof. Dr. Michael Bongardt, das Studio für Neue Musik (Prof. Martin Herchenröder), der Bachchor Siegen und das Haus der Wissenschaft der Universität Siegen. Finanziert wurde das ergreifende Event mit Geldern des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW.

Kolja Lessing stellte Komponistinnen und Komponisten vor, „die ganz eigene Wege gesucht haben“. Und: „Anhand der Beispiele können wir ermessen, wie viel an musikalischer Vielfalt in Deutschland verloren gegangen ist“. Zumal Berlin zwischen 1920 und 1932 als „Weltmusikhauptstadt“ galt. Lessing: „Viele Visionäre aus allen Ländern kamen in die Stadt“. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurden vor allem jüdische Künstlerinnen und Künstler ins Exil gezwungen, wollten sie nicht um ihr Leben bangen müssen.

Die Komponistin Ursula Mamlok erblickte 1923 in Berlin das Licht der Welt. Im Alter von zehn Jahren wusste sie, dass sie Komponistin werden wollte. Die zunehmende Ausgrenzung - Ursula Mamlok musste 1938 wie alle jüdischen Kinder das Fürstin-Bismarck-Lyzeum verlassen – nutzte sie, um in der Stille an ihrem Berufsziel zu arbeiten. 1939 ging ihre Familie ins ecuadorianische Exil. Ein Jahr später erhielt Ursula Mamlok ein Stipendium am Mannes Colleges of Music in New York. Lessing: „Sie schlug sich unglaublich mutig durch“. Kolja Lessing spielte den Sonatensatz in a-Moll – ein Frühwerk der Komponistin – und „In high Spirits“ aus dem Jahr 2004. 2006 – 68 Jahre nach ihrer Emigration – kehrte Ursula Mamlok, die in USA als große Dame der Neuen Musik galt, nach Berlin zurück und verstarb dort im Jahr 2016.

Der polnische Komponist Jerzy Fitelberg studierte in Berlin und emigrierte 1933 zuerst nach Frankreich, 1940 nach New York. Kolja Lessing spielte seine „3 Mazurken“. Lessing: „Sie muten an wie Tänze am Rande des Abgrunds. Sie sind manchmal düster, manchmal beißend grotesk und sie lassen die Apokalypse erahnen.“

Isko Thaler stammte aus der Ukraine. Lessing: „Ab den 1940er Jahren war sein Musikername wie ausradiert.“ In Tel Aviv fand Lessing Partituren („In the Rabbi’s Court“, „Sabbath’s End“): „Das ist zauberhafte Musik, die sich an jüdische Lieder anlehnt.“

Joachim Stutschwesky stammte ebenfalls aus der Ukraine und war in Wien „Vorkämpfer für jüdische Musik“. Nach dem „Anschluss“ Österreichs floh er in die Schweiz und emigrierte von dort aus nach Palästina, das er bereits 1931 bereist hatte. In diesem Jahr entstanden die „Palästinensichen Skizzen“. Der Komponist gilt als „Vorreiter des Musiklebens in Palästina“.

Der 1927 in Saarbrücken geborene Tzvi Avni gilt ebenfalls als „einer der Gründerväter der israelischen Musik“. Kolja Lessing intonierte „Nocturne at the Gaza Shore“ aus „One to One“ und „Capriccio“. Avni prägte den sogenannten „Mittelmeerstil“ mit, eine Vision eines orientalischen Impressionismus jüdischer Prägung.

Franz Reizenstein stammte aus Nürnberg, studierte in Berlin und wanderte 1934 nach England aus. Kolja Lessing: „Die deutsche Sprache und Kultur waren das einzige, das die Exilierten mitnehmen konnten.“ Der Gast spielte am Flügel „Prelude und Fuge“ in E-Dur.

Humoristisch endete das Konzert mit den „Variations on a Well-known Tune“ des polnischen Komponisten Ignace Strasfogel, der seit 1912 in Berlin lebte. Lessing: „Das ist eine Liebeserklärung an die deutsche und europäische Kultur.“ Strasfogel emigrierte 1933 in die USA und brach ganz mit Deutschland. Erst 1991 konzertierte er wieder dort.